14. Februar 2018 /

GastautorIn

Warum ist Recherche wichtig? (Teil 1)

Recherche

Im ersten Teil seines zweiteiligen Gastbeitrags gibt uns Bestseller-Autor Klaus Seibel einen Einblick in die wesentlichen Vorteile eines gut recherchierten Romans. Denn „Recherche ist der Griff des Autors in eine prallgefüllte Schatztruhe.“ Lesen Sie weiter, um zu erfahren, wie Ihr Buch – und damit letztendlich Ihre Leser – von fundierter Recherche profitieren können.

Warum ist Recherche wichtig?

  1. Sie verschafft Ihnen Glaubwürdigkeit und weckt das Vertrauen der Leser

Ein negatives Beispiel dazu: Ich las eine Geschichte, in der eine ostfriesische Insel evakuiert wurde. Das Schiff sollte die Passagiere nach Hamburg bringen, aber weil es dort zu voll war, fuhr es weiter nach Wilhelmshaven. Da hättest du besser mal einen Blick auf die Landkarte geworfen, habe ich über den Autor gedacht. Wilhelmshaven liegt nämlich viel näher. Das scheint zunächst wie eine Kleinigkeit, über die man schmunzelt, aber was ist hier passiert? Ich bin aus der Geschichte hinausgefallen! Die Spannung und das Mitfiebern sind geplatzt, und ich muss neu hineinfinden. Beim zweiten Lapsus ärgert man sich, und beim Dritten denkt der Leser vielleicht, der Autor macht seinen Job nicht gut, und sucht sich einen besseren. Das wollen wir nicht! Die Leser sollen überzeugt sein, dass wir unser Handwerk verstehen und sie bei uns beste Unterhaltung finden, ohne sich zu ärgern.

  1. Recherche macht die Geschichte lebendig

Wieder ein Beispiel: Ein Mann rennt eine Straße entlang und stößt auf zwei Polizisten. Das kann man so schreiben. Nichts daran ist verkehrt, aber es ist auch nichts daran, was einem Spaß macht. Wie eine Suppe ohne Salz, von der man nicht krank wird, die aber auch nicht schmeckt.

Wie könnte es nach ein bisschen Recherche aussehen? Wassili hetzte den Newski Prospekt entlang. Aus dem Galeria-Kaufhaus kam eine Frau, die mit Einkaufstüten beladen war. Er konnte ihr gerade noch ausweichen, stolperte dabei aber gegen einen der illegalen Straßenverkäufer. Vor der Sber-Bank patrouillierten zwei Polizisten, sie sahen zu ihm hinüber. Mist. Das konnte er jetzt nicht gebrauchen.

Sie spüren den Unterschied? Plötzlich ist aus einer nüchternen Aussage eine spannende Szene geworden. Als Leser erlebt man etwas mit – und wahrscheinlich wird kein Leser gerade an dieser Stelle gelangweilt aufhören. Entscheidend sind hier die Details, die ich aus einer Recherche über Sankt Petersburg gewonnen habe. Sie geben der Szene die nötige Farbe. (Nebenbei: Den Galeria-Kaufhaus-Komplex habe ich für diese Sätze um ein paar Hundert Meter verlegt. Man muss es mit der Genauigkeit auch nicht übertreiben.)

  1. Recherche versorgt den Autor mit Ideen

Mein Thriller „Zehntausend Augen“ spielt in Berlin – aber ich bin kein Berliner, sondern kenne die Stadt nur oberflächlich von ein paar Besuchen. Um mich zu informieren, habe ich einen Reiseführer gekauft, der besondere Orte in Berlin vorstellt. Wussten Sie, dass es in Berlin eine Regenwurmrennbahn gibt? Ich nicht, aber ich fand die Idee so witzig, dass sie unbedingt in mein Buch musste. Ein überraschtes Schmunzeln der Leser ist mir sicher. So bin ich auch auf ein Dunkelrestaurant gestoßen – eine ganze Szene ist daraus geworden. Eine Ex-Kommissarin will den Erpresser treffen, der an ihrem Karriereende Schuld ist. Endlich wird sie ihn sehen. Aber dann findet das Treffen in diesem Dunkelrestaurant statt …  Nicht nur die Ex-Kommissarin ist überrascht, auch die Leser. Und sie werden unbedingt wissen wollen, was an diesem seltsamen Ort passiert, und weiterlesen. Ohne Recherche wäre ich niemals auf diese Idee gekommen.

Inzwischen habe ich fünfzehn Bücher geschrieben, in denen viele Kapitel und Szenen stehen, die nur auf Grund von Recherche entstanden sind. Sie liefert mir die großen und kleinen Schätze, ohne die ich mich irgendwann wiederholen und langweilig für die Leser werden würde.

Am 21.2. verrät uns Klaus Seibel, welche Recherchemöglichkeiten es gibt und welcher Versuchung man lieber nicht nachgeben sollte. Zudem hält Klaus Seibel an unserem Stand auf der Leipziger Buchmesse 2018 eine Inforunde zu Recherchemethoden.


Autorenvita

Klaus Seibel lebt in der Nähe von Frankfurt. Er hat Theologie studiert, arbeitete als Manager in einem Softwarehaus und ist seit 2014 hauptberuflich Schriftsteller. Er hat zwei Bücher bei Verlagen veröffentlich, sich dann aber ganz aufs Selfpublishing konzentriert. 2009 gewann er den Krimipreis der Frankfurter Neuen Presse, 2017 war er der erste Selfpublisher, der von ALDI für ein gedrucktes Buch angefragt wurde und von dem ein E-Book ins Easyjet Entertainment-Programm aufgenommen wurde. Er schreibt Thriller und Science Fiction mit wissenschaftlichem Hintergrund, wozu er jedes Mal ausführliche Recherchen vornimmt.

Weitere Information unter kseibel.de

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